Gegen Ende März haben wir Amed schweren Herzens erst mal verlassen und uns auf den Weg nach Denpasar gemacht, um uns um unsere Visa zu kümmern. Auch wir haben uns natürlich darüber Gedanken gemacht, ob und wie es weitergehen kann (nähere Gedanken dazu findet ihr auch in der Rubrik „Status quo“), ob wir abbrechen müssen oder nicht. Wir sind zu dem gemeinsamen Entschluss gekommen, dass wir versuchen wollen, solange wie möglich hier zu bleiben, da wir einerseits zuhause ja aktuell weder einen festen Job noch eine eigene Wohnung haben, andererseits auch, da es in der derzeitigen Situation immer noch möglich ist, die Risiken für uns selbst und für andere möglichst gering zu halten.
Als sich in Denpasar herausgestellt hat, dass die Visaangelegenheiten länger dauern werden, haben wir beschlossen, über Nyepi erst mal hier zu bleiben und mit den Videos weiterzukommen und am neuen Blog zu basteln – in diesen Tagen wäre ein zweiter Laptop tatsächlich sehr hilfreich gewesen!
„Was ist dieses Nyepi denn nun eigentlich?“
Nyepi wird das balinesische Neujahr genannt und ist Höhepunkt mehrtägiger Festlichkeiten. Es wird auch „Tag der Stille“ genannt, weil 24 Stunden lang niemand das Haus verlässt, kein Licht oder sonstige Elektrizität verwendet wird, nicht gearbeitet wird oder sonstigen Annehmlichkeiten unternommen werden sollen. Dieses Verhalten wird auch von den Touristen erwartet, und es wird angeblich auch kontrolliert. Die ganze Insel ist in diesen Stunden so ruhig wie sonst nie. Heuer fiel Nypei auf den 25./26. März. Übrigens: Die Regierung selbst dreht sogar seit einigen Jahren das Internet ab in dieser Zeit:
Der spirituelle Hintergrund zu Nyepi: Ziel ist es, dass neue Jahr so rein wie nur möglich zu beginnen. Um dies zu erreichen, sollen die Menschen diese 24 Stunden in Meditation und Stille verbringen. Ein schöner Gedanke.
Eine weitere Interpretationsmöglichkeit:
Am Tag/Abend vor Nyepi gibt es riesige Paraden, in welchen mit riesigen selbstgebauten (sehr kunstvollen!) Dämonenfiguren durch die Straßen gezogen wird. Diese Figuren werden Ogoh-Ogoh genannt und am Ende unter großem Lärm verbrannt. Dies soll böse Geister und schlechte Energien verjagen. An Nyepi selbst ist dann die ganze Insel so ruhig und dunkel, dass die Dämonen und bösen Geister einfach an der Insel vorüberziehen, da es so wirkt, als wäre niemand hier. …ist das nicht großartig?
Leider wurden diese Paraden aufgrund der Corona-Restriktionen alle abgesagt. Wir konnten daher bei unseren letzten Ortswechseln noch einige der Ogoh-Ogoh sehen – schon das war wirklich beeindruckend.
Zu Nyepi wird manchmal die Nacht so klar und frei von Luft-/Lichtverschmutzung, dass man an manchen Ecken von Bali sogar die Milchstraße sehen kann (so passiert einer Freundin von uns). In Denpasar hatten wir dieses Glück leider nicht, und doch konnten wir einen wundervollen Sternenhimmel erleben und diese 24h haben einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen in all ihrer Reduktion und Ruhe – und do-it-at-home-Instant-Nudeln.
Am Tag nach Nyepi haben wir allerdings eine kleine Überraschung erlebt: Was wir nämlich nicht wussten – die Regierung hat für den Tag nach Nyepi eine absolute Ausgangssperre verhängt. Darauf waren wir natürlich nicht vorbereitet. Wir haben uns nichtsahnend den Scooter geschnappt um einkaufen zu fahren (für Nyepi hatten wir vorgesorgt, für länger natürlich nicht), und als wir so durch die Straßen fuhren, waren die Seitenstraßen alle gesperrt und ALLE Geschäfte zu. Kaum jemand war auf den Straßen unterwegs. Wir haben schließlich erfahren, dass normalerweise am Tag nach Nyepi sehr, sehr viele Leute hier ihre Verwandten besuchen, um sich Glück zu wünschen. Und aufgrund der Covid-19-Lage wollte die Regierung dies unterbinden und hat nicht nur alles geschlossen, sondern auch die Bezirke abgesperrt.
Da standen wir nun, inmitten einer Geisterstadt.
Sogar die Tankstellen hatten zu. Während sich in mir langsam, aber stetig Panik zusammengebraut hat, hat Andi es irgendwie geschafft, doch an Sprit zu kommen und einen kleinen Laden in einer winzig kleinen Seitenstraße zu entdecken, der offen hatte (und mit einer Plane so geschützt war, dass man es nicht sehen konnte, wenn es uns nicht ein Typ davor verraten hätt‘). Somit waren wir mit einem Haufen Instantnudeln und Wasserflaschen erstmal ausgerüstet. Zurück im Hotel waren die Besitzer ganz überrascht, dass wir nichts von dem einstweiligen Lockdown wussten und haben uns schließlich zum Abendessen eingeladen. Hallelujah – frischer Nasi Goreng anstatt den zweiten Tag kalte Instant-Nudeln.
Und noch etwas hat meine Laune erheblich gebessert: Der Sohn des Hotelbesitzers ist gelernter Barista. Er hat neben dem Hotel sein eigenes kleines Café aufgemacht und uns mit umwerfend leckerem Kaffee versorgt, obwohl natürlich auch dieses offiziell geschlossen hatte – damit war Mercedes gerettet 😀 Herzlichen Dank dafür, Ryo!
(Schaut doch mal vorbei auf Insta: @sanggening_kopi –> wärmste Empfehlung: Großartiger Kaffee, sehr sympathischer Barista!)
Unser Plan, am zweiten Tag nach Nyepi weiter in den Südwesten zu fahren, um dort nochmal Alisa und Rivan zu treffen, ist also kurz mal ins Wanken geraten, denn unklar war, wie lange die Sperre nun tatsächlich andauert. Die Informationen diesbezüglich fielen sehr indifferent aus. Ein Phänomen, welches uns noch öfter in den nächsten Tagen begegnen würde. Erstmal wurde zum Glück aber am 27.3. bereits wieder geöffnet, und wir konnten unsere Reise ein Stück weit fortsetzen – ergo, raus aus der Großstadt wieder in eine ruhigere Gegend. There we go!