Status quo: Ein Leben aus dem Rucksack.

red dragonfly

Ein kleiner Blick in Mercedes‘ Gedankenwelt…

Es fühlt sich ein bisschen so an, als hätte das Leben gerade den Knopf für „Pause“ gedrückt. So ziemlich überall auf der Welt vermutlich, aber natürlich auch speziell in unserer Bali-Blase. Das hat mich dazu gebracht, in den letzten Tage viel über die aktuelle Situation und das Reisen an sich nachzudenken. Gezwungenermaßen – denn natürlich hatte ich mir die Weltreise anders vorgestellt. Eigentlich dachten wir, zu dieser Zeit bereits Indonesien und Singapur hinter uns gelassen zu haben und aktuell irgendwo in Malaysien mit einem gekauften Motorrad das Land zu erkunden. Soviel zu folgendem Sprichwort: Das Leben passiert, während du fleißig Pläne schmiedest…

Ich muss mich also nicht nur damit auseinandersetzen, was es für mich bedeutet, mein gewohntes Zuhause und meine Sicherheiten verlassen zu haben, sondern auch damit, dass ich mein Motiv für die Reise vielleicht aus einer neuen Perspektive betrachten muss.

Ich liebe meinen Job…

In den letzten Jahren habe ich hart dafür gearbeitet, um in den Bereichen arbetätig sein zu können, in welchen ich es mir immer erhofft habe. Und es ist mir auch gelungen. Ich war noch nicht gänzlich an dem beruflichen Ziel angekommen, welches sich in meinem Kopf die letzten Jahre zunehmend manifestiert hatte – aber dem Ganzen schon verdammt nahe. Hier nun plötzlich einen doch sehr kurzfristigen Stopp einzulegen und die vielleicht einmalige Chance einer Weltreise zu ergreifen, hat mir doch ein paar (okey, schon einige viele) schlaflose Nächte beschert. Denn es bedeutete nicht nur, einen lange gehegten Traum erfüllen zu können, sondern eben auch, meinem beruflichen Werdegang eine Auszeit zu verpassen und mich vermutlich neu definieren zu müssen. Ja, mir wurde erst zu diesem Zeitpunkt klar, dass ich dies die letzten Jahre nämlich hauptsächlich über meinen Beruf (respektive auch meinem beruflichen Erfolg) getan hatte.

Was folgte:

Mal einen Strich unter die Hektik der letzten Jahre machen, raus aus meinem heißgeliebten strukturierten Alltag, alles Materielle loswerden was nicht mehr gebraucht wird, das Notwendigste in einen Rucksack zu Andis Zeug dazupacken und los. Ohne konkreten Plan, darauf eingestellt, für eine lange Zeit nun die ganze Welt mein Zuhause zu nennen. Wie kitschig das in meinen Ohren klang. Aber dieser Gedanke hat es mir leichter gemacht, diesen Schritt auch tatsächlich zu wagen.

Die ersten Wochen auf Bali fühlten sich großartig an! Hinter Andi auf dem Motorrad mit Fahrtwind im Gesicht, das Gewicht des Rucksacks am Rücken – deutlich spürbar, aber nicht unangenehm (auch wenn ich manchmal etwas jammere – systemimmanent, das gehört dazu)… eine Art zu reisen, wie ich es wirklich liebe. Wir waren nie länger als zwei, drei Tage am gleichen Ort, wir begannen sofort die wichtigsten Kommunikationsbausteine der Sprache zu lernen („Kopi“ ist übrigens Kaffee 😉 ), haben in kürzester Zeit wundervolle Leute getroffen und ins Herz geschlossen. Die Coronakrise wurde natürlich zunehmend Thema, hat uns zu diesem Zeitpunkt bereits begleitet, aber nicht belastet. Immer wieder mal in Sorge um die Lieben zuhause, aber in Kontakt und wissend, dass sich nichts an der Sorge ändern würde, wären wir nachhause gefahren. Wir haben gemeinsam die Entscheidung getroffen, so lange wie möglich an unseren Plänen festzuhalten, die Einschränkungen erschienen uns tragbar.

Und dann haben uns die Folgen doch auch dazu gezwungen, längere Zeit an einem Ort zu bleiben. In diesem plötzlich erlebten Stillstand haben meine Rädchen im Kopf sich zu drehen begonnen…

In dieser Art zu Reisen ist nur wenig planbar.

Spontanität ist gefragt, ganz klar. Vieles ist durchaus kalkulierbar (Klimatabellen helfen, juhu), vieles ist berechenbar und/oder man kann es nachlesen. Aber eben auch vieles nicht. Dass Covid-19 nun doch so schnell zu einem globalen Problem heranwächst und in Folge alle Grenzen dicht machen, damit haben wir nicht gerechnet. In unseren Köpfen war eingespeichert, dass es im Laufe der Reise mal schwieriger dadurch werden könnte, aber die Geschwindigkeit und das Ausmaß mit dem es letztendlich passiert ist, hat uns doch beide überrascht.

Während Andi ein ewiger Optimiskünstler bleibt und die Sorgen scheinbar bei stundenlangem Schnorcheln und Fische beobachten hinter sich lässt, verbrachte ich ein paar Tage im inneren Zwispalt. Dafür, dass wir nun auf Bali festsitzen und vielleicht gar nicht weiterkommen, habe ich meine Blase verlassen? Meine Blase, in der ich so erfolgreich war? Ich will doch soviel sehen von der Welt, das war der Deal, oder nicht?

Schließlich konnte ich mir diese Fragen allerdings erstaunlich schnell selbst beantworten:

Denn fast noch wichtiger als neue Länder zu entdecken war es doch, endlich einmal rauszukommen aus meinem alten Trott! Den Stress vom ständigen Sich-behaupten-und-etwas-leisten-müssen abzulegen, sich auf Neues einzulassen, etwas bisher Unbekanntes zu erleben, den persönlichen Horizont zu erweitern, den Moment ganz konkret zu spüren in einem ganz anderem Tempo als gewohnt. Und diese Aufgaben erfüllt die aktuelle Situation auf jeden Fall!

Während ich also vor unserem Bungalow herumhirsche, mit der Kamera in der Hand, und versuche, diese wundervollen roten Libellen damit zu erwischen, weil sie während des Frühstückskaffees einfach vor meinen Füßen plötzlich gelandet sind, fällt mir auf, wie simpel, aber unfassbar schön dieser Moment ist und dass ich dankbar bin dafür, gerade hier sein zu können.

Außerdem: Das, was am Ende des Tages konstant bleibt und mir Sicherheit gibt: dass Andi und ich diese Reise, wo auch immer sie uns hinbringt, gemeinsam wagen.

small hinduistic housetemple in Bali
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ants on a Mengkudu
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waterdrop
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